Frühstück mit Birne
Was von Birne und Schafkäse über das Atmen zu lernen ist
Ich setze mich für das Frühstück (Birne und Schafkäse aus Graubünden) zu Tisch und denke dabei gewohnheitsmässig ans Danken… Daraus ergibt sich folgendes «Gespräch»: «Wer dankt vor dem Essen, dankt für das, was er empfängt, um zu leben. Eigentlich müsste ich dir deshalb für jeden Atemzug danken, weil ja auch jeder Atemzug ein Geschenk ist, das ich empfange, um mich am Leben zu erhalten. Aber das wäre absurd – ich käme vor lauter Danken gleich gar nicht mehr zum Atmen.
Im Grunde ist der Atemzug selber schon der Dank dessen, der ihn empfängt. Und er ist Antwort auf dein Atmen. Ich weiss wie jedes (andere) Kind, dass das Atmen sehr viel mit dem Leben zu tun hat. Wenn das bei mir so ist, kann es bei dir nicht anders sein, denn alles, was bei mir ist, ist eine «Oktave» deiner selbst, also dir sehr ähnlich. Mein Atemzug ist Empfangen des Lebens und zugleich Antwort auf dein Geben. Antworten ist danken.»
Ich weiss nicht, wie mir geschieht – entgegen meiner (schrecklichen) Gewohnheit, die Speisen zu verschlingen wie die Hyäne die ihrige, esse ich jetzt bedächtig langsam. Ein Stück Birne kaue ich, und nehme dabei sehr bewusst den «Klang» des Birnengeschmacks wahr. (Warum kennen wir eigentlich den Birnenakkord noch nicht? Birne schmeckt nach meinem Empfinden gleichzeitig nach Dur –Süsses, Fruchtiges, Frisches – und nach Moll – Säuerliches, Erdiges, Modriges… Und beides gleichzeitig: Sehr erotisch!) Das Birnige in meinem Mund fängt zu sprechen an: «Ich gebe dir in dem Stücklein Birne, das du jetzt gerade kaust, alles, wirklich alles, was ich bin – die «Urbirne», der blühende Baum, die angelockten Bienen, der Bauer, der dummerweise beim Pflücken von der Leiter fällt, alles, was Birne ist, hast du jetzt in deinem Mund, du nimmst alles, was Birne ist, jetzt in dich auf, du vermählst dich gerade jetzt mit dem Birnesein, wenn du so weiter machst, wächst dir bald einmal ein Birnenbäumchen aus dem Kopf …» Und der Schafkäse aus Langwies sang auf die gleiche Weise sein eigendes Lied: «Ich gebe dir in dem Stücklein Käse…» Es wurde ein ziemlich langes Frühstück…