Entfaltung
Uns Menschen und alle anderen Naturwesen gäbe es nicht, wenn der so genannte «Fortschritt» das Mass aller Dinge wäre. Der Fortschritt als «Credo» der heutigen Zeit geht davon uas, dass die Erkenntnisse von morgen diejenigen von gestern als Irrtum erweisen. Das Wort «fortschreiten», einen Schritt nach dem anderen tun, hat durchaus seine Berechtigung, wenn es darum geht, den Weg einer bestimmten Länge zwischen A und B zurückzulegen. Da ist jeder Schritt wortwörtlich Fortschritt.
Aber auch hier haben wir es nur mit der halben Wahrheit zu tun. Die andere, die Wahrheit der Entfaltung, bringt Kurt Wolff in schlichtester Klarheit zur Sprache. Wenn ich gleich nach der Geburt die Augen öffne und sehe, ist damit die viel früher, noch im Mutterbauch erworbene Fähigkeit zu hören, keineswegs ausser Kraft gesetzt. Das gilt für jede Entfaltungsetappe.
Am Anfang bestehen wir «nur» aus Stammzellen. Sie enthalten alles, was mich später als Mensch ausmacht, aber noch völlig ungeordnet, chaotisch. Mit der ersrten Zellteilung entsteht der Embryo, nach und nach entfalten sich die Anlagen zu meiner Person, aber ohne dass das Bisherige vom Nächsten ausser Kraft gesetzt würde, das Neue entfaltet sich aus dem Bisherigen. Poetisch gesagt: Aus dem Hören wird das Sehen, aus dem Hören und Sehen wird das Tun, aus dem Hören, Sehen und Tun wird das Sprechen, usw.
Diese natürliche Selbstverständnlichkeit ist vom Fortschtrittsdenken verdrängt worden. Kurt Wolff hat das erkannt und es in schlichte Sprache gefasst: Wer Ohren hat, hört...
VRAQ
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25.05.2022
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